Zuerst ist da das Schachbrettmuster der Straßen von Buenos Aires bei Nacht. Die 12 Millionen Einwohner Stadt schien sich endlos entlang des Río de la Plata zu ziehen. Ziemlich groß im Vergleich zu dem Land, das – direkt am anderen Ufer der riesigen Flussmündung – für ein halbes Jahr mein Zuhause sein soll: Uruguay. Drei Millionen Menschen und 12 Millionen Rinder teilen sich das flache Land, das halb so groß ist wie Deutschland und sich gegenüber seinen großen Brüder Brasilien und Argentinien immer wieder behaupten muss.
Kaum angekommen, werde ich in einen der wichtigsten Bestandteile des uruguayischen Alltags eingeführt – den Mate.
Die Thermoskanne in der Armbeuge, den Kürbisbecher mit metallenem Trinkstrohhalm in der Hand, lässt sich das Getränk immer wieder neu auffüllen und so mit den Umstehenden teilen. Dabei versuche ich mich in die uruguayische Aussprache des Spanischen hineinzuhören, was mir zunächst ein wenig schwer fällt, doch bald sage auch ich "vos" statt "tu" und spreche das "ll" wie ein "sch". Konsumiert wird der Mate beim Spazierengehen, Einkaufen, beim Schauen des Sonnenuntergangs auf der Rambla – oder bei archäologischen Ausgrabungen!
An diesen teilzunehmen hatte ich oftmals die Gelegenheit, denn die Portugiesen, die 1680 die Stadt gründeten und sich ein Jahrhundert lang mit den Spaniern um ihre Herrschaft stritten, hinterließen ein reiches materielles Erbe. Architekturreste, teilweise noch intakte Häuser sowie eine Fülle von Gegenständen aus Keramik, Glas, Holz und Metall zeugen vom Alltagsleben der neu angekommen europäischen Besiedler. Der indigenen Bevölkerung gelang es in Uruguay, sich bei Ankunft der europäischen Kolonisten in Sicherheit zu flüchten. Auch sie hinterließen eine Fülle an materieller Kultur, die uns heute ein umfassendes Bild der Besiedlungsgeschichte der "Republik östlich des Flusses Uruguay", wie das Land offiziell heißt, vermittelt.